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AutorenbildSilvano Dragonetti

Von zwei Rädern auf zwei Füsse: Wie die Wanderschuhe dem Motorrad den Rang abgelaufen haben

Vor zirka fünf Jahren hätten meine Freunde einheitlich beteuert, dass ich quasi unzertrennbar mit meinem Motorrad verbunden wäre. Die Symbiose war perfekt und ich verbrachte unzählige Kilometer im Sattel. Ich bereue die Zeit nicht, denn meine Motorradeskapaden haben mich an viele wunderschöne Orte geführt und ich durfte viele wunderbare Menschen kennenlernen. Doch so langsam hat sich ein neues Hobby in mein Leben eingeschlichen - auf nicht ganz leisen Sohlen.


In Fussstapfen statt auf der Stelle treten


Dabei war meine "Wanderkarriere" ja schon fast vorbestimmt. Meine langjährige Partnerin kommt selbst aus einer Wanderfamilie. Ihr Vater hat schon unzählige Wanderwege in der Schweiz begangen. Und auch sie macht eigentlich nichts lieber, als die gut profilierten Schuhe zu schnüren und die Verbundenheit zur Natur zu suchen.


Meine Partnerin und ihre Eltern auf dem Hundsrügg
Meine Partnerin und ihre Eltern auf dem Hundsrügg

Doch wie es so ist, muss der Antrieb für Veränderungen von innen kommen und so dauerte es bei mir noch einige Zeit, bis sich die Präferenz von zwei Rädern auf zwei Beine wandelte. Ein Faktor, der dabei mitspielte war sicher meine Gesundheit und Fitness. Meine Knie bereiten mir spätestens seit dem Militär Probleme bei länger anhaltender Belastung. Erst seitdem ich ein paar Kilos abgenommen habe und wieder regelmässiger Sport mache, hat sich das bei mir geändert und ich kann endlich auch längere Wanderungen in Angriff nehmen. Eine gute Grundlage, damit Bewegung auch wirklich Spass macht.


Mit jedem Schritt näher zu mir selbst


Den Ausschlag gegeben für die Veränderung hat aber ein anderer Faktor. Während ich beim Motorradfahren häufig adrenalingeladen und nicht selten etwas gestresst bin, führt das Wandern für mich zum Gegenteil. Es lässt auch zu, dass ich mich mal in Gedanken verliere oder einfach die Natur geniesse. Die Verbissenheit des flüssigen Vorankommens weicht der Freude an jedem geleisteten Schritt. Und jeder Schritt bringt mich näher zu mir selbst.


Allein mit der Natur und den eigenen Gedanken
Allein mit der Natur und den eigenen Gedanken

Was Wandern für mich zu mehr als einer idealen Wochenendbeschäftigung macht, möchte ich nachfolgend erläutern.


Das versteckte Workout für alle


Es dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass Bewegung nicht nur gut für Herz und Muskeln ist, sondern auch die beste Altersvorsorge, die wir treffen können. Denn Mobilität ist die wichtigste Grundlage von Selbstständigkeit. Zu Fuss unterwegs zu sein repräsentiert dabei eine der einfachsten Arten von Bewegung. Man trainiert dabei mit dem körpereigenen Gewicht. Die Belastung für die Gelenke ist dabei deutlich geringer als beispielsweise beim Joggen.


Und genau darum ist auch das Wandern ideal für viele Menschen. Wie schnell und wie lange man dabei unterwegs ist, kann man selbst entscheiden. Man muss nicht gleich mit einer Höhenwanderung oder der Erklimmung eines Bergs beginnen. Unsere schönen Wälder laden das ganze Jahr zu ausgedehnten Erkundungstouren ein und viele Gewässer in der Schweiz haben wunderschöne Uferwege, die einfach begehbar sind.


Wanderung auf den Niesen mit Aussicht auf den Thunersee
Wanderung auf den Niesen mit Aussicht auf den Thunersee

"Walk with me... We'll figure out where we're going later."


Hast du auch schon beobachtet, dass Staatsoberhaupte oder sonstige wichtige Personen in Filmen oder Serien oft zum gemeinsamen Gehen auffordern, wenn es um wichtige Gespräche geht? Viele Menschen bevorzugen zudem, im Raum herumzugehen, wenn sie in einem Telefongespräch sind. Von mir aus gesehen kommt das nicht von ungefähr. Denn ich habe grundsätzlich die besten Gespräche, wenn ich mit meiner Partnerin oder auch Freunden zu Fuss unterwegs bin.


Zusammen gehen und sich verstehen
Zusammen gehen und sich verstehen

Vielleicht liegt es daran, dass die Kombination aus Bewegung und frischer Luft das Gehirn anregt. Vielleicht auch daran, dass gerade in unserer heutigen vernetzten Welt die Reizüberflutung fast allgegenwärtig ist. Ein Ausflug in die Natur kann auch eine Pause von diesen äusseren Einflüssen bedeuten. Auch wenn man beim Wandern laufend (Wortspiel beabsichtigt) mit neuen und teilweise überwältigenden Eindrücken konfrontiert ist, hat man doch mehr Zeit, um seine Aufmerksamkeit dem Wandergspändli zu widmen. Damit bietet diese Art von Zusammensein echte "quality Time".


Abwechslung ist die Würze des Lebens


Wer Abwechslung sucht, kommt beim Wandern sicher nicht zu kurz. Berge, Wälder, Seeufer, Schluchten oder auch Städte warten darauf, erkundet zu werden. Schweizer Wanderwege sind bestens ausgebaut und ermöglichen unzählige Möglichkeiten, das Land immer wieder neu zu entdecken. Und viele Wanderungen können ganzjährig in Angriff genommen werden. Was braucht man noch mehr?



Auch beim Motorradfahren konnte ich viele neue Orte entdecken. Doch beim Wandern habe ich deutlich mehr Zeit, um diese zu geniessen. So hat sich die Schottlandreise mit dem Motorrad teilweise wie ein Filmteaser angefühlt. Die Flut an Eindrücken liess sich fast gar nicht verarbeiten. Zu Fuss bleibt da natürlich deutlich mehr Zeit, um bleibende Erinnerungen zu schaffen. Und als kleiner Bonus hat man auch immer wieder die Möglichkeit, diese Eindrücke mit Kamera oder Smartphone festzuhalten, ohne dass man dazu extra anhalten muss.


Erst am Anfang eines langen Weges


Meine Liebe zum Wandern ist noch jung. Aber ich bin mir sicher, dass mich dieses "Hobby" bis an an mein Lebensende begleiten wird. Zu Fuss in der Natur unterwegs zu sein, hat ganz einfach zu viele Vorteile, um es nicht zu machen. Und ich fühle mich viel ausgeglichener, seitdem ich zum "Mitläufer" geworden bin.


Natürlich ist für mich nicht Sinn der Sache, einen Wettbewerb aus diesem Hobby zu machen. Trotzdem habe ich mir für dieses Jahr ein Ziel gesetzt: Einmal den Niesen besteigen. Dieses Ziel habe ich bereits erreicht. Was die Zukunft bringt, weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass noch viele (Wander-)Wege darauf warten, von mir begangen zu werden. Ich freue mich darauf.




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